Dienstag, 10. November 2015

Never Tag 10



Es ist doch wesentlich steiler als ich erst angenommen habe. Durch die verwelkten Blätter hat es auch weicher ausgesehen und ist es wohl auch, trotz allem spüre ich jeden Stein und jede Wurzel an meinem Hintern. Holpernd, was meinen steifen Gliedern nicht unbedingt gut tut und vor allem es mir vorkommt, als würden an jedem Ast, jeder Wurzel und jedem Stamm, an denen ich mich halte oder abstütze, meine Hände wieder frisch aufreißen. Und dann wird es plötzlich langsamer, der Hang läuft langsam und seicht aus und ich bin wieder mitten im Nirgendwo, nur dass ich dieses Mal keinen Ausblick genießen kann, sondern von Bäumen umgeben bin.
Das ergraute Sonnenlicht des frühen Winters fällt durch die kargen Baumkronen, die Nadelbäume halten sich wie immer tapfer, lassen aber durch ihr dunkles Grün alles nur noch trister wirken. Es schmeckt nach Winter, es riecht danach und alles scheint auf den ersten Schneefall hinzuarbeiten. Bis jetzt habe ich nicht viele Tiere gesehen, ein paar Vögel, die hier die Kälte ausharren, Eichhörnchen und von weiter weg einen Fuchs, aber ansonsten ist es ruhig. So nahe bei der Stadt gibt es nicht viel zu holen und vor allem wimmelt es von Menschen. Der Nebel hält sich hier am Boden, schlingert wabernd um meine Füße, während ich fasziniert beobachte, wie ich ihn mit jedem Schritt aufwirble. Es hat eine tänzerische Leichtigkeit, eine kalte Eleganz, wie er umherschwirrt, sich dreht, in sich verwickelt und dann wieder hinab gen Boden sinkt, zu einer Masse wird. Hier waren noch nicht viele Menschen, das Unterholz ist unberührt und dicht, was mir das Vorankommen erschwert. Aber ich habe es auch nicht sonderlich eilig, weiß nicht einmal genau wohin ich gehe, das Gehen selbst tut gut. Manchmal ist ja der Weg das Ziel, auch wenn es hier keinen Weg gibt und ich dank des Nebels den Boden beinahe nicht ausmachen kann. Eben deswegen rutsche ich mehr als einmal ab, knicke um und fluche am laufenden Band.
Mein Atem steigt in kleinen Wölkchen vor mir auf, aber langsam, ganz langsam wird es wärmer und jedes Mal, wenn eine Lücke zwischen den Bäumen auftaucht und das Sonnenlicht mich einhüllt, fühle ich mich ein Stück besser. Unter meinen Füßen knackt und knirscht es, manches Mal schrecke ich etwas Kleines auf, das daraufhin wegwuselt, fiept, piepst, krächzt. Der Wald lebt, nach wie vor, auch wenn ihm das grüne Kleid weggewelkt und einfach abgefallen ist. Die Sonne steht mittlerweile hoch am Himmel, mir läuft der Schweiß über den Körper und meine Kehle ist ausgedörrt. Außerdem scheint sich mein Magen bei jedem Schritt noch mehr zu verkrampfen. Ich habe entsetzlichen Hunger und der Durst bringt mich beinahe um den Verstand. Wenn man so alleine ist, dann denkt man doch für gewöhnlich über alles Mögliche nach, nur bin ich so damit beschäftigt mich an meinen Traum zu erinnern, dass ich dazu gar nicht komme. Und dann ist da das Verlangen nach Wasser, das bald meine Gedanken völlig eingenommen hat. Ich brauche etwas zu trinken und bin bereits so weit, dass ich abschätze, wie schädlich es wohl wäre einfach Moos auszusaugen. So etwas habe ich mal gelesen oder zumindest davon gehört und verdammt, das Zeug muss ja vollgesogen sein mit Flüssigkeit.
Ich stolpere um ein Dickicht herum, durch welches ich mit bloßen Händen nicht durchkomme und stoße auf den ersten Weg. Es ist ein schmaler Pfad durchs Unterholz, frische Fußspuren im Schlamm sind auch auszumachen, große. Ein Mann, vielleicht auch ein Jäger oder nur jemand, der gerne einmal einen Spaziergang macht. Und was das Beste ist, als ich mindestens noch eine halbe Stunde weiter stolpere und dem Weg folge, ich höre bald ein Plätschern.
Ab da beschleunigen sich meine Schritte, dass ich so plötzlich doch nicht mehr am Ende meiner Kräfte bin und die Müdigkeit einfach von mir abfällt, hätte ich mir gar nicht zugetraut. Aber da ist tatsächlich ein Brunnen, provisorisch zusammen gebaut und die lange Rinne hält mehr schlecht als recht. Innerhalb eines Augenaufschlags liege ich quasi auf dem Becken und unter der Rinne, den Mund geöffnet, darauf achtend, dass ich nicht klatschnass werde und trinke in hektischen und viel zu schnellen Zügen.
Eben das hat zur Folge, dass ich mich in kürzester Zeit verschlucke, huste und mir natürlich das ganze Wasser über das Kinn und den Oberkörper läuft. Keuchend komme ich unter dem Wasserstrahl hervor, habe die heutige Dusche schon hinter mir und huste nach wie vor heftig. Ich würge, huste, würge und dann spucke ich das ganze Wasser wieder aus. Röchelnd sitze ich neben dem kleinen Brunnen auf dem Boden, komme langsam wieder zu Atem und meine Brust entspannt sich.
Und dann stemme ich mich wieder hoch, mache die Hände zu einer Schale und trinke erneut, dieses Mal bedeutend langsamer. Eben das erweist sich als die bessere und klügere Taktik, dass ich auch so doof war und direkt alles runtergezogen habe. Immerhin hab ich doch genügend Filme und Bücher gelesen um zu wissen, dass man eher alles wieder auskotzt.
Nur war ich halt noch nie in einer solchen Situation und hätte auch nie gedacht, dass ich jemals in eine solche Situation kommen würde. Naja. Ich bin ja nicht in Lebensgefahr, aber so durstig war schon schon lange nicht mehr. Ich stoße laut auf, zucke zusammen, sehe mich beinahe ertappt um und muss dann über mich selbst schmunzeln. Ein Mann würde sich deswegen nicht einmal ein bisschen schämen, vielleicht bin ich ja doch, tief im inneren, weiblich.
Noch als ich voll bin und es nur so gluckst in meinem Bauch, trinke ich weiter. Als könnte ich Wasser speichern, wie Kamele in ihren Höckern. Vielleicht werden dadurch ja meine Brüste etwas größer, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Schlussendlich bewirkt es aber nur, dass ich nach zehn Minuten Marsch dringend Pipi muss und dann fünf Minuten später schon wieder. Immerhin ist der Hunger eine Weile vergessen, auch wenn ich weiß, dass ich von Wasser schlecht überleben kann. In den Tiefen meiner Jackentaschen habe ich ein paar zerknüllte Scheine gefunden, damit kann ich mir vielleicht irgendwo etwas besorgen. Wie viel es ist weiß ich nicht genau.
Natürlich könnte ich auch einfach umdrehen, aber eben das kommt mir wie ein Ding der Unmöglichkeit vor. Absurd, nicht wahr. Einfach absurd. Ich laufe irgendwohin, wenn es auf den Winter zugeht. Nichts bei mir, eine fast leere Brieftasche, ein paar zerknüllte Scheine, einen abgerissenen Knopf und meine Hausschlüssel. Immerhin können sie meine Leiche anhand des Ausweises identifizieren, falls mir etwas passiert, ich von Wölfen angefallen werde oder Menschen. Meistens sterben Menschen ja wegen Menschen.
Meine Hände brennen durch das Säubern nur noch mehr und die offenen Stellen sehen wirklich eigenartig aus. Als hätte ich sie mir panisch aufgerissen, wäre lange Zeit gekrochen und hätte mich durch wirklich schlimmen Untergrund gekämpft. Und da sind auch tatsächlich Erinnerungsfetzen, verschwommen und nur unklar, aber ich kann sie nicht zuordnen. Vor allem weiß ich auch nicht, wie ich die ganze Gefühlslage erklären kann, die Panik und Angst, die Übelkeit und dann sind da die Dinge, die mich umgeben. Das sind keine heimischen Pflanzen und auch die Vögel.
Ich reibe mir die Nasenwurzel, versuchen den aufkommenden Kopfschmerz zu vertreiben und registriere, dass das an dem bereits angekündigten Wetterwechsel liegen kann. Ich bin da etwas empfindlich, aber gleichzeitig sind es diese Gedanken, die mich umtreiben.
Nach wie vor rege ich mich unglaublich über Jim auf, dieses elende Arschloch. Ich weiß nicht einmal, wie ich jemals so dumm sein konnte. Er war schon immer so, aber dieses eine, viertel Jahr, war er völlig anders gewesen. Man kann es auch einfach darauf schieben, dass ich 16 Jahre alt gewesen war und es nicht besser wusste, aber ich hatte es doch besser gewusst. Immerhin kannte ich ihn lang genug, wir waren beinahe nebeneinander groß geworden und mit seinem älteren Bruder Ango hatte ich nie wirklich etwas anfangen können.
Jim war alles, was man sich nur wünschen konnte. Beliebt, gutaussehend, charmant und in den paar Monaten auch einfühlsam gewesen, sogar verletzlich und unsicher. Ja und dann sagte er mir, dass er mich liebte und schmetterte mich zu Boden, um seitdem auf meinem Gesicht Tango zu tanzen. Und ausgerechnet mit wem verbrachte ich seit nun bestimmt eine halben Jahr meine Abende? Ango. Wir hatten wenig Interesse aneinander, wir kannten uns nicht einmal, noch zeigte einer Interesse, das zu ändern, aber ausgerechnet wir waren miteinander geendet.
Wobei das jetzt ja auch vorbei ist. Denn da ist die Angst, dass ich gar nicht weiß, wie es weiter gehen soll. Wohin will ich überhaupt? Und wie soll ich etwas zu essen bekommen, wenn ich kein Geld mehr habe? Ich habe gekündigt, keinen Beruf wirklich gelernt. Ja, das mit den Schiffen kann ich, aber ich bin nun einmal kein Mann und mir fehlt die Kraft für viele Dinge. Meine einzige Chance es jemals zu etwas zu bringen habe ich mental kastriert und seine Eier vor der ganzen Belegschaft an die Wand genagelt. Verdammt.
Ich halte plötzliche inne, fühle mich, als hätte mir direkt jemand in den Magen geschlagen. Mir presst es die Luft aus der Lunge, kurz muss ich mich sogar an einem Stamm abstützen, vorsorglich mit dem Ellenbogen, der nicht ganz so Wund ist. Wenn ich zurück krieche, wenn ich bettle und flehe. Kurz sehe ich mich tatsächlich vor Jim, wie ich mich bei ihm entschuldige und schon alleine die Vorstellung lässt mich vor Übelkeit aufstoßen. Mein Magenknurren reißt mich aus meinen Gedanken und beinahe belustigt stoße ich mich von dem Baum ab, spucke aus und beschließe, nie, wirklich niemals wieder freiwillig mit Jim zu sprechen.
Genau so wenig empfinde ich es als tröstlich, dass ich jederzeit zurück in meine Wohnung könnte. Es war nie ein Zuhause, verdammt, ich habe nicht einmal meine Sachen ausgepackt. Eigentlich war ich mehr Besetzer als Besitzer, dort ohnehin nur, wenn es nötig war. Und doch geht mein Blick zurück, unsicher, starre den Weg entlang, den ich gekommen bin und spüre dieses unwohle Gefühl.
Einen Schritt rückwärts, noch einen zweiten und dritten, je weiter ich mich entferne, desto besser wird das mit dem Atmen und dann schaffe ich es auch wieder mich umzudrehen und weiter zu gehen.


                                                                       ~

Wo bin ich und wenn ja… ganz plötzlich kippt mein Kopf nach vorne, ich fahre benommen hoch, verkrampfe mich und entkomme gerade noch so dem endlosen Fall in die Tiefe. Unkontrolliertes Zucken, um mich schlagen und dann realisiere ich, dass das nur ein dummer Traum war. Wie ich diese Fallträume hasse und dann erst diese Rutschpartie auf den Blättern. Was für eine komische Sache, aber den Mantel, den ich da hatte, dafür würde ich was bei dem Winter geben.
Meine dunkle Hose ist verkrustet, getrocknet und die dunklen Flecken hart. Das muss Blut sein, ich kann einfach nicht anders als hinzustarren, zucke zusammen, als es raschelt und vor mir die Blätter auseinander geschoben werden. Mein Herz würde wohl stehen bleiben, wäre es nicht damit beschäftigt meinen zitternden, verkaterten Körper mit Blut zu versorgen und meinen Kreislauf irgendwie am Leben zu erhalten. Wie lange ich geschlafen habe kann ich wirklich nicht weiter einschätzen, es muss aber lang gewesen sein, da es mittlerweile dunkel ist und mir das noch weniger gefällt, als der Fakt, dass da eine Sternenblume von einem Gnom auftaucht. Vor allem aber, dieser Gnom sieht genau gleich aus, wie der, dem ich zuvor gefolgt bin.
Falls ich das wirklich unterscheiden kann, da Gnome an sich immer gleich aussehen. Sie haben Warzen, diese dunkle, graue Haut, die an Stein erinnert, die Fledermausohren, Schnauzen, ein bisschen wie Rüssel und große, schwarze Knopfaugen. Und sie tragen graue Fetzen, die ihren Intimbereich verdecken, wobei ich nicht einmal weiß, was da unten rumhängt und inwiefern sie sich überhaupt vermehren. Vielleicht machen die das auch ganz klassisch wie Schnecken oder legen Eier oder Steine oder Luftbefruchtung. Keine Ahnung.
Außerdem kann ich Männlein nicht von Weiblein unterscheiden. Ihre Geräusche sind ähnlich, die Tonlagen auch, manche quietschen helle, andere tiefer, andere gar nicht, das kommt glaube ich eher auf den Charakter des Wesens an. Ja, manche brabbeln einem auch das Ohr ab, mit irgendwelchen unverständlichen Lauten, während sie dran sind die Katzen zu jagen oder die Katzen sie. Sie verstehen sich nicht so gut mit Katzen. Wobei ich auch schon ab und zu ein paar Gnome mit einigen Katzen schmusen sehen habe. Wie auch immer. Ich habe mich noch nie wirklich mit dieser Art auseinander gesetzt und jetzt steht da dieses kleine Wesen vor mir, das mir noch nicht einmal bis zum Knie geht. Er ist in etwa so groß wie mein Kopf und sieht mich interessiert an.
Die Blume in seinen Händen blendet mich beinahe, erhellt die Umgebung und dient ihm wohl als Laterne, wobei ich eigentlich immer angenommen habe, dass diese Art gut in der Dunkelheit sehen kann. Nein, wie gesagt, ich habe mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht, aber die schwarzen, großen Kulleraugen lassen das annehmen.
Und dann schlägt er mir ganz plötzlich die Blume gegen die Schulter, da das Wesen in der Zwischenzeit, in der ich über es nachgedacht habe und das mein schmerzender Kopf nicht wirklich schnell kann, auf eine höhere Wurzel neben mir geklettert ist und sich anscheinend versucht bemerkbar zu machen. Die glitzernden Pollen der Blume fallen auf mein dreckiges Hemd, das irgendwann mal weiß war und die kaputt Jacke. Immerhin kann ich hier nicht über das Klima oder die Kälte meckern. Genau die richtige Temperatur.
Erneut werde ich geklopft, dieses Mal gegen die Wange, da er noch etwas höher die Wurzel erklommen hat und nun mit mir auf Augenhöhe ist. „WAS?“, entfährt es mir laut, er zuckt überrascht zusammen, ich zucke überrascht zusammen, da man von irgendwo das laute Kreischen eines Nimmervogels hört und dann sehe ich zu, wie der Gnom rückwärts von der Wurzel purzelt. Und sich dabei ein Lachen zu verkneifen ist wirklich schwierig. Aber mir ist nicht nach Lachen, mir ist nach Alkohol. Ich habe selbst für meine Ohren zu laut geschrien und mein Schädel erst. Oh Ausgeburt der sieben Weltmeere.
Lass Alkohol vom Himmel fallen, bitte. Als ich die Hände wieder von meinen Schläfe nehme, registriere ich, wie sehr ich zittere. Mir ist so schrecklich übel, alles tut weh und beschließe, dass ich einfach hier sitzen bleibe. In der Zwischenzeit hat es der Gnom zurück auf die Wurzel geschafft, die Blume tapfer in der Hand, den Kopf etwas mehr eingezogen als zuvor, was ihn wie eine Schildkröte aussehen lässt und starrt mich an. Erneut knallt die Blume gegen meine Stirn, die Pollen rieseln hinab und kitzeln in meiner Nase. Laut schreiend niese ich, wieder kreischt ein Vogel, hält mich aber wohl dieses Mal für einen Artgenossen. Nicht dass das ein Begattungsruf ist.
Wieder trifft mich die Blume, ich will mich gerade lieber mit meinen pulsierenden Schläfen auseinander setzen und der plötzlichen Hitzewallung, die meinen Körper nur so schüttelt. Und noch bin ich gar nicht ganz nüchtern, mir graut es vor dem Kater, der sich dann einstellt. Die Blume trifft mich schon wieder, der Wicht sieht mich dabei aufmerksam an und wartet darauf, dass ich zurück sehe. Wedelnd versuche ich die Blume wegzustoßen, ihm abzunehmen, aber da ist er dann plötzlich doch flinker als angenommen. Verdammtes, elendes, dreckiges… . Wieder trifft mich die Blume, mein Kopf zuckt herum zu ihm, ich will ihn absolut vernichtend anstarren, den Stengel packen und ihn samt Gnom irgendwo ins Gebüsch werfen. Nichts dergleichen passiert, mir wird einfach nur schlecht von der plötzlichen Bewegung und ich sehe ihm zu, wie er anfängt, irgendwelche komischen Bewegungen zu machen. Sieht ein bisschen aus wie Ballett, in schlecht. Er wedelt mit der Blume, bewegt die Arme rhythmisch und zeigt immer wieder zum Gestrüpp, in die Richtung, aus der er gekommen ist. Dann ein Schwenk nach rechts, nach links, um irgendetwas herum und dann geht er so komisch in die Hocke und macht einen kleinen Satz, wobei er da doch etwas arg ins Wanken auf der Wurzel kommt.
Meine Reaktion sind zwei mehr als fragend hoch gezogenen Augenbrauen und ich weiß nicht so recht, was ich auf seinen abwartenden Blick erwidern soll. Er wiederholt das Ganze, sieht mich dabei an, als sei ich gänzlich beschränkt und danach, als wäre das eben eine total große Sache gewesen. Irgendwie kann ich nur schwer dem Drang wiederstehen zu klatschen, komme mir vor, als würde er vielleicht das von mir erwarten.
Und wieder trifft mich die Blume, ich knurre angepisst und der Gnom sieht mich genauso frustriert an, die Augen zu kleinen Schlitzen verzogen. Mir war bis dato nicht einmal bewusst, dass sie überhaupt mehr als Freude, Hunger oder Angst zeigen können. Dieses Wesen da vor mir kommt mir auch nicht vor, als sei es sonderlich dumm, auch wenn ich es nicht verstehe. Aber soeben hat es sich vom Rang unter der Katze ganz klar darüber geschoben, liegt aber noch unter Dixies, Wichten und Meerjungfrauen.
Dass ich wohl wieder abgedriftet bin erkenne ich an der Blume, die wieder in meinem Gesicht landet. Datsch. Danke. Er sieht mich an, fuchtelt in die Richtung und rutscht dann enthusiastisch die Wurzel hinab. Dann watschelt es um mich herum und läuft zum Gestrüpp. Er dreht sich zu mir um, fuchtelt mit der Blume herum, auffordernd und macht dann Bewegungen nach oben, als ob ich bitte endlich aufstehen solle. Ich starre ihn an, seine Bewegungen werden schneller, starre ihn immer noch an, mit offenem Mund, die Bewegungen werden noch schneller und schließlich wirft er einfach die Blume auf den Boden und trampelt wütend darauf herum.
Die arme Blume. Schwer atmend sieht mich das kleine Wesen an, auf die zerstörte Blume und gibt dann eine Art Wutschrei von sich, der leise und gedämpft klingt. Er dreht sich um, verschwindet zwischen den Blättern und da bin ich dann doch tatsächlich etwas aufrechter, sehe ihm nach, wie er mich einfach alleine lässt.
Noch während ich mich nach vorne lehne und so etwas wie leben in meinen von Übelkeit gebeutelten Körper kommt, raschelt es wieder vor mir und etwas Helles schießt hervor. Im ersten Moment denke ich es ist wieder diese Fee, die es ja gar nicht gibt, bis es mich am Kopf trifft und es einfach eine weitere Blume ist. Die Blume fällt neben mir auf den Boden, folgen tut der Gnom, eine zweite in der Hand und sammelt die eben wohl aus Wut nach mir geschmetterte Blume wieder ein. Und dann lotst er mich mit rhythmischen Bewegungen voran und ja, ich folge sogar ein bisschen, vor allem als er plötzlich wieder einfach verschwindet.
Ich krabble ihm nach, dieses kleine Dinge scheint sich hier doch tatsächlich etwas auszukennen, vielleicht weiß er ja auch, wo etwas zu trinken ist. „Hei… hei“, hauche ich leise, hebe den Kopf über die langen Grashalme und kann in der Dunkelheit doch nichts erkennen. „Kerlchen, he… ey“, da steht er und schlägt mir die Blume an den Kopf, noch während ich auf allen vieren bin. Er wedelt mich hoch, geht so wie ich auf die Knie, mittlerweile habe ich mich so weit erhoben, dass er mich nicht wieder am Kopf treffen kann.
Und dann steht er langsam auf, läuft etwas gebeugt. Plötzlich zeigt er mit einer Blume auf mich, die Hand ausgestreckt und registriere, dass dies wohl mich darstellen soll. Bevor ich aufstehen kann ist er wieder zwischen die Blätter abgetaucht. Fluchend komme ich auf die Beine, laufe ihm hastig hinterher und sehe tatsächlich etwas vor mir Leuchten. Von weiter weg kann man ihn wohl nur schwer sehen, aber mir reicht es, damit er mir den Weg zeigen kann, wohin auch immer, obwohl ich mich sehr beeilen muss ihn nicht zu verlieren.
Zu blöd, dass mein Körper gerade nicht auf schnell steht oder beeilen oder irgendetwas wie Bewegung.

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