Freitag, 13. November 2015

Never Tag 11 & 12



Somit stolpere ich durch die Gegend, meist auch, weil ich einfach den Boden kaum erkennen kann, durch das dichte Gestrüpp und Unterholz ohnehin nicht, und somit an jeder Wurzel, jedem Stein und was weiß ich noch hängen bleibe. Einmal quiekt etwas wütend, als ich es treffe und so wie sich das Geräusch anhört, habe ich es auch ein Stück weit gekickt.
Armes Ding, also, ich armes Ding meine ich damit. Denn immerhin stolpere ich durch die Dunkelheit, knicke mit dem Fuß ab, fluche und laufe zwei humpelnde Schritte weiter, darauf stolz, dass ich nicht gefallen bin, um dann der Länge nach auf den Boden zu klatschen. Und als ich die Augen wieder öffne, meinen Kiefer und Brust schmerzen spüre, da trifft mich auch schon die Blume mitten ins Gesicht. Meine Augen verengen sich zu schlitzen, ich sehe den Gnom an, denke darüber nach, wie ich ihn auf sehr grausame Art töten könnte und kann die quäkende Moralpredigt von ihm zwar nicht verstehen, aber… ich weiß genau, dass er mich gerade ausschimpft.
So dumm können die Viecher doch nicht sein wie sie tun? Oder ich werde verrückt? Aber den Gedanken hatte ich ja schon mal, immerhin scheint es immer zutreffender, da ich anfange mit einem Gnom zu kommunizieren und diesem nachlaufe. Also nicht er mir, sondern ich ihm. Wieder trifft mich die Blume, ich kneife die Augen zusammen, der Staub rieselt mir ins Gesicht, kitzelt in der Nase und ich schnappe nach Luft, um dann mit viel Anstrengung das Niesen soweit zu unterdrücken, dass es beinahe lautlos von statten geht.
Dafür folgt einiges an Rotz, der mir aus der Nase schießt und ich hastig darüber fahre, kaum dass ich das beinahe höhnische Glucksen des Gnoms bemerke. Der lacht mich aus, dieser elende, kleine Scheißer lacht mich aus.
Am liebsten würde ich ihn… und dann greife ich nach vorne, bin doch schneller, als ich es selbst angenommen habe, aber eindeutig wesentlich langsamer, als es für mich wirkt. Naja, auf jeden Fall weicht er mit Leichtigkeit aus, schimpft mich dann empört und haut mit der Blume auf meine Hand.
Knurrend und ächzend komme ich wieder nach oben, folge dem Gnom stolpernd und verfluche das Gelände, meine momentane Situation, einfach alles. Und dann, als ich natürlich gegen einen Ast laufe, einen dicken Ast, nicht kleines, was einem ins Gesicht schlägt und dieses zerkratzt. Nein, es ist ein dicker Ast, bestimmt dicker als mein Arm und ich knalle mit gutem Schwung dagegen. Das ist wie wenn dir jemand ins Gesicht schlägt. Nein, das ist wie wenn man selbst gegen eine Faust läuft.
Ich stolpere zurück, stöhne auf, reibe mir das Gesicht und über die nun heftig pochende Stelle an Stirn und Wange. Es muss sehr früh sein, vor der Dämmerung ist es ja bekanntlich am Dunkelsten. Oder ist das nur so ne dumme Redewendung, wenn man tief in der Scheiße sitzt? Wie auch immer. Es ist so dunkel, dass ich den Ast ertasten muss und mich darunter vorbei schiebe, recht ungelenk und dann nur in halbem Tempo und mit ausgestreckten Armen weiter taumle.
Nach zwei Schritten bleibe ich stehen, was auch daran liegt, dass da ein weiterer Ast gefolgt ist, dieses Mal dünner, den meine tastenden Hände natürlich nicht erfasst haben und ich ebenfalls voll ins Gesicht, an GENAU DIE GLEICHE STELLE bekommen habe. Aber das ist nicht der Hauptgrund weswegen ich stehen bleibe, nein. Mitunter, weil ich zwischen den an dieser Stelle doch sehr eng stehenden Bäumen einfach kaum durchkomme und die zweite Ohrfeige ebenfalls sehr weh tut. Aber der Hauptgrund ist, dass da kein Licht mehr vor mir ist.
Die Blümchen und der Gnom mit ihnen sind verschwunden. Kein Licht, da ist nichts, einfach gar nichts. Auch nicht als ich etwas in die Hocke gehe, die Arme vor mir ausgestreckt und so sportlich wie selten in meinem Leben. Diese korrekte Körperhaltung, viel mehr um alle Äste von mir fernzuhalten, die mich schon wieder ins Gesicht schlagen könnten. Wie das brennt. Die Augen tränen mir, was auch an der aufkommenden Müdigkeit und Erschöpfung liegt. Wenn man so lange durchs Dunkel läuft verliert man zwar jegliches Gefühl für die Zeit, aber es war eindeutig lang, wirklich lang.
Ich laufe gebückt weiter, eine Hand schützend vor mein Gesicht gelegt, eine ausgestreckt und verfluche die Wolken, welche jegliches Mondlicht zurück halten. So kann ich nicht einmal richtige Schemen in der Dunkelheit erkennen, noch… .
Klatsch. Ich komme nicht einmal zum Schreien, so plötzlich ist da kein Boden mehr unter mir, gerade als die Bäume lichter werden. Und weswegen sie lichter werden begreife ich spätestens, als sich das Wasser nass über meinem Kopf schließt. Mein Schrei verlässt in Blasen meinen Mund, ich reiße die Augen auf und sehe nichts als Schwärze um mich herum. Hastig tauche ich auf, versuche ans Ufer zu schwimmen, mich irgendwie zu orientieren. Alleine der Gedanke in diesem schwarzen Loch noch eine Sekunde länger zu sein lässt mich beinahe panisch werden. Jeder der in Nimmerland aufgewachsen ist oder zumindest eine Zeit lang überlebt hat, weiß, dass man niemals, wirklich niemals, darauf vertrauen sollte, dass in einem Teich oder einer Pfütze nichts auf einen lauern könnte.
Und dann scheinen mir zwei Blumen den Weg. Direkt am Ufer steht der Gnom, die Mundwinkel nach oben verzogen, was wie ein Grinsen aussieht, auch wenn man diesen Wesen keine wirkliche Mimik zuschreiben kann. Sein Lachen war ja auch nur am Geräusch erkennbar. Und gerade als ich fluchend und ausspuckend bei ihm ankomme, immerhin ist das kein Salzwasser. Aber daraus trinken würde ich nun auch nicht mehr, nachdem ich da drin war. Wirklich nicht und das soll nicht meine Minderwertigkeitskomplexe spiegeln. Aber ich bin einfach schmutzig. War schmutzig, bis ich in das Wasser geklatscht bin. Immerhin fühlt es sich nicht schlammig an.
Links und rechts stemme ich mich am Ufer ab, schiebe meinen Oberkörper langsam aus dem Wasser und spüre bereits, wie meine Arme heftig anfangen zu zittern. Bevor ich es mit der Körpermitte hinaus schaffe rutsche ich auf dem schlammigen Untergrund ab, knalle mit dem Kinn auf den Boden und rutsche zurück ins Wasser.
Erneut geht es in das ewige, stille Nichts. Dunkelheit, mein Herz wummert, der ganze Körper scheint zu vibrieren. Nur das Geräusch der Blasen. Dass ich wohl etwas weggetreten bin merke ich daran, dass mir der Sauerstoff ausgegangen ist. Meine Lunge verkrampft sich ganz plötzlich, ich schrecke auf, will nach oben und würde wohl einen Schrei entlassen, hätte ich noch irgendetwas das diesen Schrei formen könnte, als mich etwas am Bein berührt. Es steigen nicht einmal Blasen auf, ich trete nach dem Ding, breche durch die Wasseroberfläche und doch verändert sich mein Sichtfeld nicht. Keuchend ziehe ich die Luft in meine Lunge und versuche gleichzeitig völlig außer mir ans Ufer zu kommen. Es könnte auch ein Fisch sein, ein kleiner, der einem gar nichts tut oder ein kleiner mit riesigen Zähnen. Es könnte auch ein großer sein, der einem nichts tut oder doch. Oder ein Krokodil oder ein Wal oder ein Wurm oder… und wieder stemme ich mich hoch, als etwas eindeutig meinen Knöchel festhält. Mittlerweile ist auch wieder genug Luft in meiner Lunge um zu schreien, was ich nicht für möglich gehalten hätte, da ich der Ansicht bin kurz vorm Ersticken zu stehen.
Da hält mich etwas am Fuß fest und ich Kreische am Spieß, trete blind um mich. Der Gnom läuft im Kreis, die Blumen flattern hinter ihm im Wind, was ich sogar irgendwie lustig finde. Fände, würde mich da nichts festhalten. Ein Ruck, ich halte mich an allem fest, was ich irgendwie erreichen kann und nicht nachgibt. Wieder ziehe ich mich ein Stück heraus, über den schlammigen Boden. Ein weiterer Ruck, ich habe mich gerade etwas hochgestemmt und den gleichen Fehler wie zuvor begangen.
Du Idiot, schießt es mir durch den Kopf, als ich wieder unter Wasser bin und mein Kinn sich taub vom Rest meines Körpers zu lösen scheint. Elender Idiot. Kaum dass ich mich von dem stechenden Schmerz erholt habe, wieder etwas orientieren kann, fange ich an völlig panisch um mich zu treten. Nur ist da nichts mehr. Der Druck auf meinen Ohren gefällt mir dafür recht wenig. Zwei große Armzüge, ich kann die Wasseroberfläche nicht ausmachen, sie nicht spüren und der Druck scheint mein Zwerchfell zerreißen zu wollen. Ich muss tief unten sein. Wieder entkommen mir Blasen, kribbeln auf meiner überreizten Haut und ich fange panisch an in irgendeine Richtung zu schwimmen. Ich weiß nicht einmal ob das nach oben ist, aber es kommt mir vor, als würde es immer heller werden.
Das wird es auch tatsächlich, verschwommen vor mir erkenne ich etwas das leuchtet. Ein kühles, bläuliches Licht und darin ein dunkler, länglicher Schatten mit einer enormen Flosse. Und dann bewegte es sich, schnell, sogar sehr schnell und ich lege eine Vollbremsung rein, was unter Wasser schwierig ist, um dann panisch zurück zu schwimmen.
Und wie ich wieder um mich trete, als es mir näher kommt und immer größer wird. Der Fisch ist mindestens so groß wie ich oder größer. Kommt mir größer vor. Und dann schießt es an mir vorbei, nicht mich quasi mit und ich werde herum gewirbelt im Wasser. Mir wird schwindelig, die Luft geht mir aus und wieder verkrampft sich meine Lunge. Und dann sehe ich das Wesen wieder vor mir, wie es Schleifen zieht, eine lange Kurve, als würde es mich umkreisen und ich hänge völlig starr da.
Wenn es mich frisst ersticke ich immerhin nicht. Das ist doch der grausamere Tod, zumindest kommt es mir so vor, als sich meine Lunge immer mehr verkrampft und selbst mein Brustkorb sich stockend mitbewegt. Es tut weh.
Ich unternehmen einen letzten Versuch nach oben zu kommen, sehe den letzten Blasen zu, wie sie meinen Mund verlassen und in dem fahlen Licht des Geschöpfes sehe ich, dass ich tatsächlich nicht kopfüber bin. Ein paar kümmerliche Armbewegungen, ich komme nach oben, sehe aus dem Augenwinkel wie mir der Fisch folgt, näher kommt und ich die Zähne weiter zusammen beiße. Ein Brennen erfüllt meinen ganzen Körper, er verkrampft sich und immer öfter wird es dunkel. Ich fange an das Bewusstsein zu verlieren. Meine Hals, reflexartig öffne ich den Mund, versuche Luft zu holen, wo es nur Wasser geht und schlucke dieses haufenweise. Mein Körper krampft wieder, dieses Mal wie ein Husten, aber es kommt immer noch mehr Wasser nach.
Als ich die Augen wieder öffne, meine Lider flatternd nach oben gehen, realisiere ich, dass ich nicht mehr schwimme. Ich schwebe im Nichts, aber da ist dieses Licht, das mich blendet und einfach nicht zur Ruhe kommen lässt. Mir fallen die Augen zu oder sie müssen zugegangen sein, da sie plötzlich ein Stück aufgehen, als ich etwas an meinem Gesicht spüre. Ich kann nichts erkennen, meine Lider heben sich nicht weit genug, es ist nur ein Lichtschimmer, direkt vor mir. Man soll ja bekanntlich nicht ins Licht am Ende des Tunnels gehen, aber mir ist so danach, es sieht aber auch so schön aus.
Etwas berührt mich, erst zaghaft, streicht mir über die Wangen und dann spüre ich einen Kuss. Es muss ein Kuss sein und ich versuche mich zu entziehen. Als dann aber der erste Sauerstoff in meinen Mund gelangt halte ich inne, lasse den eisernen Griff zu und sauge die Luft in mich.
Es löst sich von mir, ich reiße die Augen auf, versuche die Arme auszustrecken, es zu fassen zu bekommen. Mir ist gerade knutschen Luft eingeflößt worden und das Wasser anscheinend abgesaugt. Wie auch immer. Darüber will ich nicht weiter nachdenken, bin aber auch nicht in der Lage mich großartig zu bewegen. Mein Körper scheint noch schlaff, sich damit abgefunden zu haben einfach so zu sterben, dafür wird mein Verstand langsam wieder wacher.
Eine Schwanzflosse sehe ich noch, aber auch diese schiebt sich aus meinem Gesichtsfeld und es bleibt nur noch dieser blaue, unheimliche Schimmer. Wie in Zeitlupe schwebt es von oben hinab, das perfekte Gesicht und die langen, bläulichen Haare. Sie sieht mich aus diesen leuchtenden Augen an und ich zucke zurück, was im Wasser sicherlich affig aussieht, da ich mich einfach gar nicht vom Fleck bewege. Eine Meerjungfrau. Selbst bei mir ist das angekommen und als mich diese wieder küsst, ist mir das alles nur noch… unangenehmer. Luft. Ja. Gut.
Aber das ist mir doch etwas viel Nähe, außerdem müsste sie mir ja gar keinen Sauerstoff geben, wenn sie mich nicht nach unten gezogen hätte. Warum auch immer sie das getan hat. Und dann fallen mir all die Horrorgeschichten und der Seemannsgarn wieder ein. Meerjungfrauen. Wunderschöne, perfekte Geschöpfe, man verfällt ihnen, folgt ihnen selbst ins Wasser und dann ziehen sie einen in die Tiefe und fressen sich an dir satt. Mir wird recht unbehaglich, ich weiß nicht, ob ich mich rühren soll und fühle mich wirklich wesentlich besser nach dieser erneuten Ladung Sauerstoff.
Das Wesen schwebt vor mir, die langen, bläulichen Haare schweben um sie herum, als wären sie selbst auch lebendig und dann öffnet das Wesen die vollen Lippen. Die Zähne beunruhigen mich enorm, eine spitze, alles zerfleischende Reihe, aber es folgt das wohl schönste, dass ich jemals gehört habe. Gesang, man kann es beinahe nicht so nennen. Es klingt, als würde es vom Himmel kommen, zerreißt mein Herz und würde mir wohl Tränen in die Augen treiben, wenn ich nicht schon von Wasser umgeben wäre. Die Sprache verstehe ich nicht, kann mir nichts daraus erschließen und sehe die Frau einfach nur an. Ihr Leib glänzt, die Haut ist milchig, bläulich und unterhalb ihres Bauchnabels beginnen sporadisch Schuppen ihren Körper zu bedecken. Sie funkeln und Glitzern, das Licht scheint von ihnen noch stärker auszugehen und werden nach unten hin immer dichter, bis sie in eine große Flosse übergehen. Und dann fällt mein Blick auf die langen Ohren, falls man das so nennen kann. Sie selbst bewegen sich, heben und senken sich, bis mir klar wird, dass das Loch, dieses dunkle, kleine Loch das Ohr ist und diese langen, sich hebenden Hautlappen Kiemen darstellen. Durch diese atmet sie unter Wasser.
Fasziniert und auch etwas angeekelt starre ich diese an, zucke zusammen, als sie sich mir wieder nähert und erneut meinem Gesicht nahe kommt. Ihre Lippen auf meinen, ich atme erleichtert ein und nehme mir fest vor, dass das eindeutig das letzte Mal war. Vielleicht hält sie mich auch für einen Mann, da wäre sie nicht die Erste. Unangenehm berührt beobachte ich, wie sie etwas zurück schwimmt und dann plötzlich lächelt. Sie singt wieder etwas, aber ich kann es nicht hören, es geht im Wasser einfach unter. Und dann schwimmt sie nach oben, ich folge reflexartig, ohne groß darüber nachzudenken. Je höher wir kommen, desto heller wird es und was ich erst für Sonnenlicht gehalten habe, entpuppt sich schnell als… als… . Der See leuchtet. Nicht das Wasser selbst, sondern die Pflanzen, die uns umgeben. Ihr Licht ist grünlicher, aber tatsächlich, sie leuchten. Als wäre meine Anwesenheit einfach so angenommen worden.
Keuchend breche ich durch die Wasseroberfläche, schnappe nach Luft und sehe mich fasziniert um, mir das Wasser aus dem Augen reiben. Von oben scheint reflektiert und spiegelt sich das Licht, bricht sich in den Wellen und wirkt seltsam lebendig. Am Ufer selbst sind die Grashalme, die bis hinab ins Wasser reichen, ebenfalls nun in grünes Licht gehüllt. Dazwischen tun sich Blüten auf, recken langsam die Hälse nach oben und ihre Blätter öffnen sich. Rot, gelb und weiß leuchtet es um mich herum und lediglich mein Keuchen scheint diese Idylle völlig zu zerstören. Ich drehe mich um mich selbst, versuche das alles in mich aufzusaugen, zu begreifen und bewundere Tatsächlich auch diese Schönheit.
Dann lässt mich das Rascheln, die plötzliche Bewegung im Gras zusammen zucken. Die Meerjungfrau habe ich beinahe vergessen, als sich der erste Wicht zum Wasser schiebt. Er hat einen so für diese Art bekannten Spitzhut auf, eine lange, knollige Nase, große, runde Ohren und der Bart geht hinab bis zu den Füßen. Er überragt den Gnom um eine Handbreite, mustert diesen und zieht dann an einem Blatt, sodass sich dieses ihm entgegen beugt und Wasser in seinen Mund tröpfelt. Weitere Wesen folgen, solche die ausgestorben sein sollten, auch welche die ich noch nie gesehen habe.
Als wäre dieses Wasserloch ihre neue Heimat, der letzte Notanker. Neben mir ist ein Plätschern zu hören, ich fahre herum und sehe in die Augen der Meerjungfrau. Sie ist bis zur Nase aufgetaucht und mustert mich. Es ist die Gleiche, keine andere und ich frage mich, wie sie hier gelandet ist. Es scheint ein Teich, vielleicht hat er ein Loch, aber eigentlich ist die Meerjungfrauenbucht Salzwasser. Ob ihr der Unterschied etwas ausmacht? Sie kann hier doch nicht selbstständig gelandet sein?
Zumindest stelle ich mir das schwierig vor und genieße diesen Abstand, welchen sie zu mir hält. Immerhin hat sie mich noch nicht aufgeschlitzt und angefressen, außerdem hab ich jetzt keinen Durst mehr. Da kann man beinahe vergessen, dass man vor wenigen Minuten beinahe ertrunken wäre und von dem Wesen gerettet wurde, dass einem das ganze eingebrockt hat.
Langsam, wirklich langsam bewege ich mich zurück zum Ufer, lasse dabei die Meerjungfrau nicht aus den Augen und überlege, ob sie mich wieder runter zieht, wenn ich versuche rauszukommen. Aber sie wirkt recht friedlich, bis auf diese Zähne und die große Schwanzflosse beunruhigt sie mich ja auch nicht. Sie selbst schenkt mir recht viel Aufmerksamkeit, zieht ihre Bahnen, kommt mal näher und entfernt sich wieder ein Stück. Schließlich ist sie nahe am Ufer angekommen, legt die Arme darauf ab und ich beobachte, wie sie die Hand nach dem Gnom ausstreckt. Eben dieser zuckt nicht einmal zusammen, hebt die Blumen ihr entgegen, nun beide in einer Hand und zeigt immer wieder zu mir. Die Meerjungfrau stupst ihm mit dem Finger auf die Nase, hat den Mund wieder geöffnet, doch statt einem Singen folgen rasselnde Laute. Der Zauber scheint über dem Wasser verflogen zu sein, zumindest der von ihrer Stimme.
Jetzt wird mir auch klar woher er die glühenden Blumen hat, ich habe bis dato keine dieser Blumen irgendwo gesehen, außer eben an diesem See. Schwerfällig halte ich mich am Ufer fest, mir tut alles weh, wirklich alles und ich bin mir sicher, dass ich einfach so im Wasser einschlafen würde. Langsam nur hebe ich den Kopf, sehe vor mir in die Dunkelheit und direkt in das Gesicht eines Spink. Und diese Geschöpfe kann ich noch weniger leiden als Meerjungfrauen und Gnome.
Das hat auch einen ganz einfach Grund. Der Spink sitzt völlig starr da, sieht wie der Gnom aus wie aus Stein gemeißelt, die Schnauze, Hörner und langen Zähne lassen ihn dabei einer Miniaturbestie ähneln. Das mit dem starrsitzen haben die auch wirklich drauf, sodass jeder einfach annimmt, dass es sich dabei um eine Statue oder eben einen Wasserspeier handelt. Und dann, wenn man an nichts Böses denkt, spucken sie einem ins Gesicht.
Bevor ich zurück weichen oder untertauchen kann trifft mich ein Schwall Spucke. Angeekelt sehe ich das Wesen an, wische mir über das Gesicht und ziehe mich ein Stück am Ufer entlang. Einfach weg von dem elenden Spink, der gackernde Laute von sich gibt, wie ein Huhn. So einfach zufrieden zu stellen. Ich putze mir das Gesicht, bin immerhin so fit, dass ich es schaffe mich aus dem Wasser ans Land zu ziehen. Sofort ist der Gnom neben mir, gibt diese Laute von sich, die er eben von sich gibt und wuselt vor meinem Gesicht herum. Die Blumen fliegen ihm hinterher, wippen bei jedem Schritt und mir fallen immer Öfter die Augen zu. Ich will sterben.
Nein, ich will nicht sterben.
Ich will einfach nur schlafen.
Für immer.
Das wäre nett.

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